Howard Potter ist nicht verwandt mit Harry Potter. Dafür sind seine Zauberkunststücke ganz real. Howard wurde entdeckt, als er Erbsen zählte. Als Neunjähriger saß er am heimischen Mittagstisch in Bournemouth an der englischen Südküste. Howard beschwerte sich, daß sein Bruder Duncan "zwei Erbsen mehr" auf dem Teller habe. Und zwar nachdem er einen kurzen Blick auf beide Teller geworfen hatte. Die Eltern zählten nach - und stellten verblüfft fest: Howard hat völlig Recht.
Howard Potter ist kein Zauberlehrling, sondern ein "Savant", wie Hirnforscher sagen, ein "Wissender". Weltweit gibt nicht einmal 100 erkannte und hochbegabte "Savants" auf der Welt. "Inselbegabungen" wie die von Howard gehen meist auf einen Geburtsfehler zurück, man könnte sagen: auf fehlerhaft verkabelte Nervenzellen im Gehirn. Savants gehören mit ihren mysteriösen Fähigkeiten zu den faszinierendsten Forschungsobjekten der Hirnforschung. Und nach Einschätzung aller führenden Hirnforscher, stehen wir am Anfang eines "Jahrzehnts der Hirnforschung".
Savants merken sich grenzenlos Zahlen, Daten oder Relationen, so selbstverständlich wie unsereins Radfahren oder Spazierengehen kann. Sie können schon mit sechs, sieben Jahren Klavier spielen und wie Mozart komponieren oder die kompliziertesten Gebäude anschauen und sie anschließend aus dem Gedächtnis aufzeichnen oder sie errechnen die dreiunddreißigste Potenz einer zweistelligen Zahl in wenigen Sekunden im Kopf - wie der deutsche Rechen-Champion Rüdiger Gamm. Sie erinnern sich in furchterregender Präzision an Details jedes einzelnen Tages in ihrem Leben. Oder kalkulieren Erbsen auf einem Teller bis auf die letzte Erbse genau.
Woher kommt dieses unglaubliche Wissen? Steckt etwas davon in jedem von uns? Und wie könnten wir Normalhirne diese schlafenden Fähigkeiten wecken und anzapfen? Ein endloses Gedächtnis haben, die Kreativität eines Einstein, die Einfühlsamkeit eines Gedankenlesers? Dr. Darold Treffert, seit den 60er Jahren der weltweit führende Savants-Experte (und wissenschaftlicher Berater dieser Fernsehreihe) sagt: "Die Savants stellen ein einmaliges Fenster ins menschliche Gehirn dar. Solange wir das Savant-Syndrom nicht verstehen, werden wir niemals verstehen, wie unser Gehirn funktioniert."
"Expedition ins Gehirn" macht den Brückenschlag. In drei Filmen führen uns die heimlichen Stars unter den Savants und international führende Wissenschaftler in drei herausragende Forschungsbereiche: Folge 1 ("Gedächtnis-Giganten") beschäftigt sich mit dem Phänomen des menschlichen Gedächtnisses, Folge 2 mit der Kreativität und der erstaunlichen menschlichen Gabe, nie gedachte Gedanken erstmals zu denken ("Der Einstein-Effekt"). Folge 3 schließlich ("Der Große Unterschied") ist der ewigen Frage gewidmet: Sind Männer- und Frauen-Gehirne tatsächlich gleich? Erst seit kurzem ermöglichen neue Techniken, meist mit extrem hochauflösenden Computer-Tomographen, den Blick durch die Schädeldecke - also auch in das arbeitende Gehirn von Savants. Deshalb erzielen Neurobiologen in den letzten Jahren gigantische Fortschritte. Wenn es gelingt, die sagenhaften Begabungen der Savants auf normale Menschen zu übertragen, der Planet würde von Genies bevölkert. Oder von Monstern?
Alle drei Folgen präsentieren auch erstmals und exklusiv 3D-Animationen aus den echten computer-tomographischen Daten von Protagonisten der "Expedition ins Gehirn". Dieses neue Verfahren der realen Gehirn-Darstellung wird von New Yorker Spezialisten zum ersten Mal für das Fernsehen angewendet. Die Reihe wurde zudem komplett im vollen High-Definition-Format (HDTV) gedreht, also in vierfach höherer Auflösung im Vergleich zu normalen Fernsehbildern.
"Expedition ins Gehirn" ist dabei kein kühler Wissenschafts-Journalismus: Er stellt die heimlichen Stars unter den Savants in den Mittelpunkt. Sie bezahlen ihre geniereifen Fähigkeiten oft mit Autismus und anderen Behinderungen oder Einschränkungen. Und sind gerade deshalb die Helden der Autoren der Reihe geworden. Kim Peek zum Beispiel, der den Kinofilm "Rainman" inspirierte, in dem Dustin Hoffman einen autistischen Savant spielte. Den Oscar, den Hoffman für seine Darstellung bekam, widmete er bei der Verleihung Kim Peek. Kim lebt in Salt Lake City und kann derzeit etwa 12.000 Bücher Wort für Wort auswendig, kennt unzählige Geschichtsdaten oder kennt zu jedem Kalender-Datum ohne zu überlegen den Wochentag. Aber der "wahre Rainman" lebt mit über fünfzig noch immer bei seinem Vater Fran und kann sich weder alleine anziehen, noch sich ein Spiegelei oder ein Sandwich machen.
"Expedition ins Gehirn" hat die wichtigsten Wissenschaftler weltweit zum Savant-Phänomen befragt. Darunter den führenden Deutschen Hirnforscher Prof. Gerhard Roth von der Universität Bremen, der (neben Dr. Darold Treffert) wissenschaftlicher Berater dieser Fernsehreihe war. Auf der Suche nach ersten Antworten auf die Frage: Steckt ein Savant in jedem von uns?
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